Die sicauische Zeit

Die kleine Zersplitterung

Mit dem Fall des Inselreiches der Daliat kam es zu einer ähnlichen Zersplitterung wie fast dreitausend Jahre zuvor in der Splitterzeit. Allerdings hielt die kleine Zersplitterung bei weitem nicht so lange an. Die Annehmlichkeiten einer mehr als Städte oder kleine Landstriche umspannenden Verwaltung waren offensichtlich und die meisten Bewohner der Insel wollten sie durchaus wieder zurück. So schlossen sich die kleinen Splitterstaaten recht bald wieder zu größeren Bündnissen zusammen, die schnell in Verwaltung und bald auch in der Regierungsmacht zu einem Staat zusammenwuchsen.

Nay

Dieser kleine Staat war der erste der Splitterstaaten und der einzige, der vor dem Fall des daliatischen Reiches gegründet wurde. Zu Anfang umfasste Nay nur das leicht zu verteidigende Quellgebiet des Anassa, später schlossen sich weite Teile des Anassa-Oberlaufes an. Ab 5295 teilte Nay sich eine Grenze mit dem neugegründeten Herzogtum Sicaue, bis es sich diesem 5331 dann auch freiwillig anschloss.

Damscha

Dieser demokratische Staat wurde 5261 von den Lazatha-Rudeln und den Dörfern im südlichen Vatergebirge gegründet. 5415 schloss es sich, allerdings nicht ganz friedlich, an das Königreich Paltien im Südwest-Mündungsland an.

Yelur

Dieser Staat wurde 5272 am Dilno-Unterlauf gegründet. Beherrscht von Dorfverbänden war Yelur ebenso demokratisch wie Damscha. Bereits ab der Gründug von Lenhagó versuchte jenes, Yelur zu erobern, was, Stück für Stück, bis 5512 auch gelang.

Lenhagó

Dieser Staat entstand 5290 am Mittellauf der Dilno. Es wurde von einem König beherrscht und war expansiv. Bis 5512 gelang es, den nördlichen Nachbarn Yelur zu erobern, die südlichen Nachbarn, zunächst allein, dann im Bündnis miteinander und mit Sicaue, hatten zwar größte Mühe, zu bestehen, verteidigten sich aber doch erfolgreich. Das später deutlich größere Sicaue drehte den Spieß schließlich um, dass Lenhagó bis 5828 vollständig, inklusive aller von Lenhagó eroberten Gebiete, zu Sicaue gehörte.

Das frühe Sicaue

5295 gegründet war Sicaue zunächst ein kleines Herzogtum. Trotz vieler Grenzstreitigkeiten gelang es 5333 schließlich, mit zwei Nachbarn ein durch mehrere Ehen besiegeltes Bündnis einzugehen.

Mit der Zeit konnte die sicauische Herzogsdynastie die angeheirateten Dynastien vereinnahmen und deren Länder durch Herzogsverwandte mit ausländischer Mutter und somit ausländischem Erbanspruch ebenfalls beherrschen. Dies geschah durchaus nicht unblutig, aber im Vergleich zu den Grenzstreitigkeiten zuvor ausgesprochen friedlich. Meist starben unpraktische dynastische Erben.

Auf dieselbe Art verleibte sich Sicaue mit der Zeit noch weitere Nachbarländer ein.
Das aggressive Lenhagó wurde schließlich militärisch erobert, ebenso das expansive Königreich Paltien. Die meisten anderen Staaten schlossen sich freiwillig an und behielten als Gliedstaaten, wenngleich nominell vom Herzog beherrscht, weitgehend ihre Autonomie. Über die Zeit schlossen sich einige der Stammesverbände in der Wüste an, andere blieben zunächst unabhängig.

Paltien

Dieser Staat im südwestlichen Mündungsland wurde 5361 gegründet und von einem König beherrscht. Paltien agierte etwas expansiv und zwang neben etlichen Kleinststaaten auch Damscha im Vatergebirge, sich ihm anzuschließen. 5485 wurde Paltien von Sicaue erobert. Die Lazatha-Rudel und die Dörfer im Vatergebirge erwogen kurzzeitig Damscha neu zu gründen, schlossen sich dann aber doch Sicaue als Gliedstaat an.

Lesjan

5388 wurde Lesjan an der Ostküste gegründet. Beherrscht von nun ausschließlich männlichen Adelshäuptern, war Lesjan nun ein klarer Schnitt gegenüber den alten Reichen an der Ostküste, des ersten und zweiten Sepula, die ausschließlich von Frauen beherrscht waren.

Anders als in anderen Gegenden der Insel ist das an der Ostküste, wo fast nur Raval leben, als Schritt zur Gleichberechtigung zu verstehen, denn jede Raval-Frau kann ein Mann werden, ein Mann allerdings nicht mehr zur Frau.

Lesjan schloss sich 5697 Sicaue als Gliedstaat an.

Die sicauischen Provinzfürsten

Von 5732 bis 5745 hatten im gesamten Herzogtum Sicaue adelige Familien die Macht übernommen. Teilweise waren die Gliedstaaten zuvor bereits monarchisch beherrscht gewesen, in etlichen Gliedstaaten war in dieser Zeit allerdings eine demokratische Grundordnung ausgehölt oder gestürzt worden. Als 5828 Lenhagó erobert wurde, wurde der Lenha-König durch einen Neffen des sicauischen Herzogs ersetzt.

Die Hochfürstenzeit

6144 wurden die Gliedstaaten vom Herzog aufgelöst und unabhängig von den alten Grenzen und den alten Dynastieerblinien an seine Verwandten verteilt. Diese herrschten neue Hochfürstentümer, die sie wiederum an Niederfürsten, die den Adelsfamilien entstammten, verteilten.

Zu dieser Zeit beherrscht der sicauische Herzog bereits einen Großteil der Insel. Nur die westliche Nordküste, das meiste der Wüste Imarai und das mirantische Becken waren in Form von Kleinstaaten und Stammesverbänden noch unabhängig.

Ab etwa 6340 wurde der Herzog zunächst von den Hochfürsten bestätigt, ab 6400 von ihnen ohne Berücksichtigung der dynastischen Erblinie gewählt. Die Rolle des Herzogs schrumpfte auf Repräsentation zusammen, 6472 starb der letzte Herzog und es wurde kein Nachfolger mehr gewählt.

Die Ständezeit

6486 wurde ein Ständerat geschaffen, dem, nach absteigendem Stimmgewicht, die Hochfürsten, die Niederfürsten und Vertreter der fünf Kasten angehörten, wobei wiederum die Stimme eines Magiers am meisten zählte und die Stimme eines Bauern am wenigsten.

Es zeichnete sich bald ab, dass, wie schon der Herzog, auch die Hochfürsten an Bedeutung verlieren würden, und zwar zugunsten der Niederfürsten, die sich vorrangig ihrem Fürstentum, aber durchaus auch den erstaunlich kollegial betrachteten anderen Niederfürsten ihres Hochfürstentums verpflichtet sahen - nicht jedoch dem gesamten sicauischen Reich.

Die Hochfürsten schienen diese Entwicklung nicht zu fürchten. Die verbreitete Ansicht, wenngleich die Quellenlage dem widerspricht, ist, dass die Hochfürsten dekadent in ihren Palästen saßen und Orgien abhielten. Tatsächlich war es wohl so, dass die Hochfürsten nicht an der Reichseinigkeit festhalten wollten, möglicherweise in der Hoffnung, ihre eigene Position in unabhängigen Fürstentümern wieder zu stärken und nicht mehr von einer Bestätigung oder, wie es in einigen Hochfürstentümern bereits der Fall war, einer Wahl durch die Niederfürsten abhängig zu sein.

Nichtsdestotrotz expandierte Sicaue weiter, bis schlussendlich 6743 die gesamte Insel in 62 Hochfürstentümer und 812 Niederfürstentümer aufgeteilt von sicauischen Dynastien und Ständeräten beherrscht wurde.

Putsch und Herrschaft der Lavque

6848 putschte die höchste Nifa, genannt Lavque, der Magierkaste im Hochfürstentum Edsa in der Umgebung des heutigen Seliaris. Unter dem Vorwand der Reichssplitterei wurden widersprechende Ständeräte, Niederfürsten und auch der Hochfürst von Edsa verhaftet und die meisten nach einem Schauprozess durch Ertränken hingerichtet. Einer der Putschisten, Lavque und Niederfürst Giritasvan Koltaki, ließ sich wenige Tage später zum Hochfürsten ausrufen.

Die Medien wurden kontrolliert und Aufstände brutal niedergeschlagen, so etwa im Niederfürstentum Yanga mit einer magischen Feuersbrunst. Nur sehr wenige der zu dieser Zeit willkürlich verhafteten Personen bekamen einen Prozess, die meisten wurden im geheimen im Abwasserwerk von Edlayt ertränkt.

Dass der Putsch dennoch erfolgreich war und sich das Volk wieder beruhigte, lag daran, dass die Putschisten durch den von Lavque und Niederfürst Kihalkita Sopelquai erfundenen Seelenzauber den Willen ihrer Gefangenen ändern konnten. Die dann freigelassenen Personen, speziell einflussreiche oder beliebte, verteidigten die Lavque und stellten deren Herrschaft als dem Wohle aller dienend dar.

Dass dieser Zauber mit dem Tod des Zauberwirkenden schließlich bricht, war erst nach Sopelquais Tod 6872 bekannt. Zu dieser Zeit war die Herrschaft der Lavque allerdings bereits gefestigt. Allerdings wurde, bedingt durch die dadurch aufflammenden Aufstände, ein eigens zur Massenhinrichtung gedachtes Ertränkhaus gebaut.

Edsa folgend fielen nach und nach auch die anderen Hochfürstentümer an die Lavque. 6913, 65 Jahre nach dem Putsch, war die gesamte Insel unter der Kontrolle der Lavque.

Über die fast dreihundertjährige Inselherrschaftszeit der Lavque wurden unzählige tausende getötet, vor allem ertränkt - es gibt erhaltene Ertränkhäuser überall auf der Insel, heute häufig als Museen oder Gedenkstätten restauriert.

Jeglicher Kampf gegen die Lavque hatte über die gesamte Herrschaftszeit kaum Erfolg. Selbst das Wissen, dass willensstarke Personen ein Seelengeschenk abweisen können, nützte wenig, da es für eine Vortäuschung einer gelungenen Verzauberung nötig ist, die Aspekte des Zaubers, also den gewünschten neuen Willen des Verzauberten, zu kennen oder wenigstens zutreffend zu erahnen.

Details zum Putsch und der Herrschaft der Lavque

Vatersturz

Der Fall der Lavque wurde schließlich Jahrhunderte später durch eine Naturkatastrophe, den sogenannten Vatersturz, herbeigeführt.

Der Bau einer riesigen Festung knapp unterhalb des Gipfels des Vaters sollte die Meisterschaft des hochmagischen Volkes von Sicaue für alle Zeiten sichtbar machen, dafür wurden Magier und nichtmagische Arbeiter auf den Berg gebracht.

Während die nichtmagischen Arbeiter gut vorankamen, gelang es den Magiern über die Monate immer schlechter, ihren Teil der Aufbauarbeit zu tun. Die Erschwernis fiel auch den Magiern anderswo auf der Insel auf, schlussendlich postulierten die Forscher der magischen Forschungsanstalt der Lavque in Dil an der Dilno am 14. Tag der Früchte 7193 korrekt, dass es sich um eine Übernutzung der Magie handelte und eine Katastrophe drohte.

Die Schätzung hingegen, dass die Katastrophe in frühestens fünf Jahren, vermutlich zehn Jahren, spätestens dreißig Jahren stattfinden würde, war inkorrekt: Bereits zehn Monate nach dieser Aussage der besten Forscher der Lavque erbebte die Insel am 22. Tag der Blüten 7194 und die Spitze des Vaters stürzte mitsamt der unfertigen Festung ins Meer.

Die von den zweieinhalbtausend beim Festungsbau beschäftigten Lavque gewirkten etwa fünfzigtausend Seelengeschenke brachen in einem Moment gleichzeitig überall auf der Insel, und gesamt etwa fünfzigtausend wütende Bürger stürzten die durch die magische Katastrophe geschwächten übrigen gut tausend Lavque mit Leichtigkeit.

Mit dieser Naturkatastrophe verschwand das zurecht als Wiege der Kultur bezeichnete Anassa-Quellgebiet, das Anassatal trocknete aus und das liravische Becken, ausgenommen die Täler im Norden, veränderte sich vom Grasland zur Steppe.

Zeittafel

Zeitleiste der Zeit des Sicauischen Großreiches
Zuletzt geändert am 16.5.2023 12:17
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